Batterieelektrische LKW: Was beim Alten bleibt und was sich ändert – oft zum Positiven

Ganz allmählich sickern batterieelektrische Antriebe in den Alltag von Speditionen ein. Viele zögern aus Angst vor Veränderungen und Limitierungen. Dabei bleibt in der Praxis vieles gleich oder sind manche Änderungen positiver Natur.

Bildquelle: stock.adobe.com © scharfsinn86

Der elektrische LKW gibt Gas. Schon in weniger als 15 Jahren wird eine Mehrheit der Neuzulassungen elektrisch sein. Und bereits heute werden Reichweiten erzielt, die denen klassischer Diesel allmählich Konkurrenz machen können.

Grund genug, einmal einen Blick darauf zu werfen, was sich in der Praxis durch eine elektrische Zugmaschine wirklich ändert – und was nicht.

 

Elektro-LKW: Das bleibt gleich

Es gibt vieles, was sich in den Jahrzehnten des LKW-Transports etabliert hat oder was durch die Natur dieser Fahrzeuge Normalität ist. Einiges davon wird sich selbst mit elektrischen LKW nicht wandeln oder zumindest auf eine Weise, die für den Alltag kaum ins Gewicht fällt. 

 

Kalkulierbare Ladezeiten

Viele Firmen sehen Elektro-LKW deshalb zögerlich, weil sie deutlich längere „Tankzeiten“ befürchten. Diese Sorge ist nicht ganz unbegründet, je nach Ladetechnik kann es durchaus bis zu zehn Stunden dauern, bis der Speicher wieder voll ist.

Aber: Im Gegensatz zu anderen Befürchtungen bleiben diese Zahlen grenzüberschreitend gleich kalkulierbar. Immer wieder hört man diesbezüglich die Sorge, die unterschiedlich aufgebauten Netze konnten aufgrund verschiedener Netzspannungen und -frequenzen die Zeitenkalkulation chaotisch machen.

Diese Sorge ist jedoch unbegründet: Da der Strom an der Ladesäule sowieso in Gleichstrom umgewandelt werden muss, werden solche Unterschiede aus physikalischen Gründen negiert. Das heißt, bei ansonsten gleichen Bedingungen ist es weitgehend gleich, ob die Säule an einem 230-Volt-Netz hängt oder beispielsweise 280 Volt erhält.

 

 Gleichbleibende Anschlüsse

 Elektrische Zugmaschine gleich neue Auflieger? Zwar hört man diese fragenden Worte immer wieder. Bewandtnis haben sie jedoch keine. Abgesehen vom Antrieb selbst und der Energiespeicherung ändert sich an der Technik der Zugmaschine gar nichts. Das gilt für die Verbindung mit Anhängern und Aufliegern ebenso wie für Bremsschlauchkupplungen und alles andere – und die Bordspannung beträgt weiterhin 24 Volt.

Einen Unterschied gibt es allerdings: Derzeit erprobt unter anderem Mercedes Konzepte, bei denen die Anhängerachsen ebenfalls elektrisch angetrieben werden. Das erhöht sowohl Gesamtgewicht als auch Transportvolumen.

 

Vergleichbares Ladevolumen

 Batterien wiegen bei gleicher Reichweite deutlich schwerer als volle Dieseltanks. Selbst wenn der Elektromotor deutlich leichter ist, befürchten viele eine Auswirkung auf die Ladung. Schließlich gelten für Elektro-LKW dieselben Obergrenzen bei Abmessungen und Gewicht.

Der erste Teil dieser Sorge ist unbegründet: Das Ladevolumen ändert sich um keinen Quadratzentimeter. Allerdings haben Elektro-LKW, sofern die Gespanne herkömmlich aufgebaut sind, tatsächlich eine geringere Lademasse.

 

Unterschiedliche Energiekosten

Bevor clevere LKW-Fahrer die Grenze zu einem Transitland mit hohen Kraftstoffkosten überfahren, füllen sie üblicherweise die Tanks nochmal mit günstigem Diesel voll. Zwar läuft es bei Elektro-LKW nicht mehr auf flüssigen Kraftstoff hinaus. Allerdings bleiben zwischen den Nationen große Unterschiede – mit Deutschland derzeit erneut an der traurigen Europa-Spitze.

 

Elektro-LKW: Das ändert sich (teils zum Positiven)

Änderungen müssen nicht immer nachteiliger Natur sein – selbst wenn es immer nötig ist, sich wenigstens an eine neue Situation anzupassen. Wenngleich natürlich der stärkste Unterschied von Elektro-LKW deren lokale Emissionsfreiheit ist (bis auf den unvermeidbaren Abrieb von Reifen und Bremsen), so findet sich hier noch weiteres.

 

Einfacheres Fahren

Viele E-PKW kommen gänzlich ohne Getriebe aus. Bei LKW ist das aufgrund der bewegten Massen nicht ohne weiteres möglich. Dennoch wird das Fahren bei vielen Modellen deutlich einfacher als selbst mit hochentwickelten Verbrenner-Getrieben.

Unter anderem der eActros kommt mit nur zwei Gängen aus. Das macht energiesparendes Fahren deutlich einfacher.

 

Komplexere Routen- und Pausenplanung

Schon heute müssen Fahrer oft unfreiwillig die Fahrzeiten überschreiten, weil sie keinen leeren Rastplatz mehr finden. Mit E-LKW dürfte sich das Problem vergrößern. Denn natürlich muss diese lange Pause zum Aufladen genutzt werden.

Schon entlang von Autobahnen dürfte die Routenplanung deshalb komplexer werden. Noch stärker wirkt der Ladesäulenmangel abseits der Schnellstraßen. Hier müssen dementsprechend viele Ladepunkte – und Parkmöglichkeiten – entstehen.

 

Vereinfachte Wartung und weniger Pannenpotenzial

Zugegeben, auch ein Elektro-LKW wird weiterhin ein hochkomplexes System bleiben. Daran ändern die deutlich wenigeren Bauteile des Motors im Vergleich zum Diesel gar nichts.  Dennoch fallen dadurch viele Punkte weg, die regelmäßig mit Wartungsarbeiten bedacht werden müssen oder ungeplant ausfallen. Nicht zuletzt die Unterhaltskosten werden dadurch sinken.

 

Kein Leistungsabfall mehr in großen Höhen

So mancher LKW-Fahrer kennt es von den Karpaten, den Alpen oder ähnlichen Hochgebirgsregionen: Mit gefühlt jedem Höhenmeter wird der Motor etwas schlapper und benötigt stärkeren Gasfußeinsatz.

Beim Elektro-LKW sind derartige Szenarien Vergangenheit. Da hier nichts verbrannt wird, ist der Luftdruck und vor allem der Sauerstoffgehalt vollkommen egal.

 

Bessere Energiebilanz

Was ein Dieselmotor an Leistung erzeugt und was davon tatsächlich an den Achsen ankommt, sind zwei dramatisch unterschiedliche Werte. Der Grund: Zwischen Kühlmittelpumpe, Generator, Getriebe und mehr benötigen zahlreiche Anbauteile einen Teil der Power zum Funktionieren.

Beim elektrischen LKW ändert sich das insofern, als dass diese Geräte vielfach nun bloß noch die Reichweite limitieren, nicht mehr jedoch die Leistung. Das heißt, es kommt mehr an der Achse an, die Energiebilanz verbessert sich.

Hinzu kommt der veränderte innere Wirkungsgrad: Beim Diesel geht zwischen Kraftstoffpumpe und Achse etwa die Hälfte des Kraftstoff-Energiegehalts als Wärme ungenutzt verloren. Beim Elektromotor hingegen ist es weniger als ein Viertel.

 

Größere Temperaturfühligkeit

Einem Dieselmotor ist es weitgehend gleich, welche Außentemperaturen herrschen. Solange der Kraftstoff nicht vor lauter Kälte Paraffinkristalle bildet, wird er laufen und dabei nicht merklich mehr oder weniger verbrauchen als an einem warmen Tag.

Bei batterieelektrischen LKW ist das anders. Hier wird bei Kälte die Elektrolyt-Flüssigkeit dickflüssiger. Das hemmt die inneren elektrochemischen Prozesse und senkt darüber letztlich die Reichweite.

Umgekehrt kann es bei sehr heißen Temperaturen ab 40 Grad zu beschleunigten Prozessen kommen. Das senkt ebenfalls die Batteriekapazität und beschleunigt zudem die Alterung.

 

Geringere Geräuschbelastung bei niedrigen Geschwindigkeiten

Immer wieder liest man, Elektrofahrzeuge seien generell leiser. Häufig wird dies sogar Elektro-LKW bei Autobahntempo attestiert. Beides ist jedoch fernab der Realität. Ab zirka 35 km/h (je nach Reifenprofil und Fahrbahnoberfläche) dominiert immer das sogenannte Reifen-Fahrbahn-Geräusch.

Im Klartext: Fährt ein LKW schneller, lässt sich am Geräuschniveau nicht mehr erkennen, ob unter dem Fahrer ein Diesel- oder Elektromotor arbeitet. Zweifelsohne gibt es aber tatsächliche Vorteile bei niedrigeren Geschwindigkeiten. Die Anwohner von Unternehmen werden das wohl ebenso danken wie Staugeplagte.

Translate »