China: One Belt, One Road wird konkret

Die One Belt, One Road-Initiative der chinesischen Regierung besitzt derart gigantische Dimensionen, dass dadurch die gesamte Weltwirtschaft verändert wird. Durch gewaltige Infrastrukturprojekte  – an denen bis zu 65 Länder beteiligt sein werden – werden neue Handelswege und ein neuer gemeinsamer Wirtschaftsraum mit sechs ökonomischen Korridoren geschaffen.

Das Land der Mitte will mit OBOR zur internationalen ökonomischen Entwicklung durch die Stärkung des Vernetzungsgrades in Asien, Afrika und Europa beitragen. 

Die „One Belt, One Road”-Initiative (OBOR) der chinesischen Regierung bezieht sich auf eine Kombination des Wirtschaftsgürtels Seidenstraße (ein ökonomischer Korridor entlang des eurasischen Kontinents) und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts (Ein Netzwerk von maritimen Handelswegen, die Asien mit Afrika und Europa verbinden). Es wurde laut der Studie vom Dezember 2016 „Europe and China’s New Silk Roads“ des European Think-tank Network on China (ETNC)  von der chinesischen Regierung im Herbst 2013 als Schlüsselkonzept für die Außenpolitik des Landes ins Leben gerufen.

„OBOR ist keine formale Politik oder gut ausgearbeitete Strategie, sondern ein breites konzeptionelles Rahmenwerk für die Politik, das der größeren ökonomischen Integration innerhalb Asiens und zwischen Asien, Europa und Afrika durch eine Reihe von Aktivitäten und Projekten dient“, heißt es in der Studie. Im ersten chinesischen Aktionsplan OBOR1 wurden Projekte im Bereich Transport-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur identifiziert. Es bleibt aber zu bedenken, dass das Gebilde nach wie vor vage bleibt und auch keine offiziell anerkannte Definition von OBOR existiert.

Laut Aussage der chinesischen Regierung haben bereits 65 Länder weltweit ihr Interesse bekundet, wodurch ein potenzieller Markt mit 4,4 Milliarden Menschen entstehen würde. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt, dass der Handelswert der Region binnen zehn Jahren 2,2 Billionen US-Dollar (2,1 Billionen Euro) jährlich überschreiten könnte. Das Land der Mitte will mit OBOR zur internationalen ökonomischen Entwicklung durch die Stärkung des Vernetzungsgrades in Asien, Afrika und Europa beitragen.

Zu OBOR gehören sechs Wirtschaftskorridore: Der China-Mongolei-Russland Wirtschaftskorridor, die Neue Eurasische Landbrücke, der Zentralchina und Westasien Wirtschaftskorridor, der China-Indochinesische Halbinsel Wirtschaftskorridor, der China-Pakistan-Wirtschaftskorridor sowie der Bangladesch-China-Indien-Myanmar Wirtschaftskorridor.

AIIB, die neue Bank zur Finanzierung
Die chinesische Regierung hat für die Finanzierung von OBOR-Projekten eigens in 2014/15  die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) gegründet. Die Bank ist als Gegenmodell zur von den US-Amerikanern dominierten Weltbank gedacht und wurde mit 100 Milliarden US-Dollar (95 Milliarden Euro) Startkapital ausgestattet. Auch Deutschland gehört laut Germany Trade & Invest neben Frankreich und dem Vereinigten Königreich zu den Gründungsnationen und besitzt mit 4,5 Prozent nach China (30,1 Prozent), Indien (8,5 Prozent) und Russland (6,6 Prozent) den vierthöchsten Anteil an der Bank. Zusätzlich wurde ein Seidenstraßenfond in Höhe von 38 Milliarden Euro eingerichtet. Nicht zu unterschätzen sind auch die Privatinvestitionen von chinesischen Firmen in Europa, dem asiatischen und afrikanischen Kontinent und Südamerika.

OBOR-Projekte:  Hafen Xiamen, Wasserkraftwerk, Hochgeschwindigkeitsbahn
Als Startpunkt der Maritimen Seidenstraße gilt die chinesische Hafenstadt Xiamen in der Provinz Fujian. Dabei soll der Haupthafen von Xiamen in der Provinz auf ein ähnliches Niveau ausgebaut werden, wie Shanghai, Tianjin und Dalian. Es ist geplant, die Liegeplätze für Schiffe mit mehr als 10 000 Tonnen Leergewicht von 145 auf 200 im nächsten Jahr zu erhöhen und die Umschlagskapazität von 455 Millionen auf 700 Millionen Tonnen zu erweitern. Weiterhin soll der Flughafen ausgebaut, die Zuganbindungen verbessert und eine Freihandelszone nach Schanghaier Vorbild eingerichtet werden.

Weitere OBOR-Projekte sind jeweils ein Wasserkraft-Projekt in Pakistan, in Italien und in Russland. Das Karot-Wasserkraftprojekt in Pakistan (Baubeginn Januar 2016, geplante Fertigstellung 2020) ist Teil des China-Pakistan-Wirtschaftskorridors. Der pakistanische Hafen Gwadar ging am 14. November 2016 vollständig in Betrieb, wobei der Ausbau der zweiten Phase andauert. Ende 2015 wurde er an die China Overseas Port Holding Company bis 2059 verleast.

In Laos und Thailand sind Hochgeschwindigkeitsbahnen im Rahmen des Pan-Asia-Railway-Projekts in der Planung. Gemäß Bangkok Post hat Thailand mit China eine Absichtserklärung über eine 845 km lange zweigleisige Eisenbahnstrecke unterschrieben, die die Sektionen Bangkok-Kaeng Khoi-Nakhon Ratchasima-Nong Khai und Kaeng Khoi-Map Ta Phut einbezieht. Das ganze Pan-Asia-Railway-Network umfasst drei Hauptlinien: Die zentrale Route von Kunming (Südchina) über Laos, Thailand und Malaysia bis nach Singapur, die westliche Route von China über Myanmar bis nach Bangkok sowie die östliche Linie von Bangkok über Kambodscha bis nach Kunming. Weitere Routen sind in Indonesien von Jarkarta bis Bandung und zwischen Serbien und Ungarn (Belgrad-Budapest-Verbindung) in Vorbereitung.

Von Piräus ins Land der Mitte
Seehäfen und Eisenbahnstrecken bei Chinesen besonders begehrt
In der EU fokussieren OBOR-Projekte meist auf Hafenterminals und Eisenbahnverbindungen. Ein relativ bekanntes Projekt ist das COSCO-Containerterminal im griechischen Piräus. Das chinesische Logistikunternehmen betreibt und entwickelt das als „Tor zu Europa“ bezeichnete Terminal seit 2009. Am 10. August 2016 schloss COSCO laut der griechischen Tageszeitung Ekathimerini die Akquisition von 51 Prozent der Piraeus Port Authority (OLP) für 280,5 Millionen Euro ab. Weitere 16 Prozent (88 Millionen Euro) sollen künftig folgen. Zusätzliche ist geplant, 300 Millionen Euro in die Entwicklung und Verbesserung der Hafenanlagen zu investieren. Der Hafen Piräus soll zwischen 2016 und 2025 das Bruttoinlandsprodukt Griechenlands um 0,8 Prozent steigern sowie 31 000 neue Arbeitsplätze kreieren. Die Hafenverwaltung hatte schon in 2008 einen Lizenzvertrag über 35 Jahre für die Containerterminals (Pier II und III) mit Cosco Pacific Ltd. unterzeichnet. Danach muss das Terminal zurückgegeben werden. Der damalige griechische Premierminister Antonis Samaras sagte „Griechenland wird das Tor für den Handel zwischen China und Europa werden. Die erste Kooperation mit dem Land der Mitte wurde von Piräus aus gestartet. Wir laden China zu weiteren erfolgreichen Investitionen in anderen Sektoren wie den Transportbereich, Eisenbahn, Häfen und Werften ein.“ Der ehemalige COSCO-Gruppenchef Wei Jiafu bekräftigte: „Wir wollen Piräus zum Spitzenhafen im Mittelmeer und Europa entwickeln.” Der Verkauf stand u . a. in der Kritik, da die Position der örtlichen Gewerkschaften unterwandert wurde. Immer wieder gab und gibt es Streiks der Hafenarbeiter. COSCO und andere Hafenbetreiber haben ebenfalls ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, Seehäfen in Belgien, den Niederlanden, Kroatien, Slovenien, Italien, Portugal, Spanien, Litauen und Lettland zu entwickeln.

Schon 39 eurasische Güterzugverbindungen nach Europa
Im Rahmen der eurasischen Landbrücke gibt es bereits mehrere Schienenverbindungen, die den regelmäßigen Güterzugverkehr zwischen dem Land der Mitte und Europa ermöglichen. Zu den Betreibern gehören u. a. HP, DB Schenker, die Trans Eurasia Logistics (TEL), die schweizer InterRail Services GmbH, DHL und natürlich die chinesische Regierung. Damit werden chinesische Städte wie Chengdu, Suzhou, Lianyungang, Wuhan, Xiamen, Zhengzhou und Yiwu mit Städten in Europa wie z. B. Lodz, Warsaw, Madrid, Hamburg und Lyon verbunden.

Bisher existieren bereits 39 Eisenbahnverbindungen. Der Schienenfrachttransport ist ungefähr halb so teuer wie Luftfracht – und doppelt so schnell wie Seefrachttransport. Dies ist insbesondere für kapitalintensive Güter interessant. Die neuste Errungenschaft im Rahmen der eurasischen Landbrücke ist laut Forbes ein Güterzug mit 200 Containern (gefüllt mit Kleidung, Taschen, Haushaltsartikeln), der am 2. Januar den Bahnhof von Yiwu (Zhejiang) verließ und 18 Tage später Barking bei London erreichte

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