„Green Deal Industrial Plan“ liefert Lösungsansätze zur Stärkung des europäischen Industriestandortes

WKÖ-FV Bergbau-Stahl und Nichteisen-Metalle: Vorschläge der EU-Kommission lassen aber noch viele Frage offen – Oberste Priorität: Betriebe und Arbeitsplätze in Europa halten

Anfang Februar legte die Europäische Kommission ihren „Green Deal-Industrial Plan for the Net Zero Age“ vor, um so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu verbessern und den schnellen Übergang zu der für 2050 angestrebten Klimaneutralität zu unterstützen.

Mit diesem Vier-Säulen Plan reagiert die Kommission unter anderem auf den US Inflation Reduction Act (IRA), der – neben den überschießenden europäischen Energiepreisen – eine immense Herausforderung für die im internationalen Wettbewerb stehenden europäischen Unternehmen darstellt. Details bleiben aber der späteren legislativen Konkretisierung vorbehalten, wie z.B. dem angekündigten Net-Zero-Industry-Act.

Vereinfachtes Regulierungsumfeld.
Die erste Säule sieht einen Wettbewerbscheck für neue Gesetzesinitiativen vor, der günstige Bedingungen für Unternehmen, Beschäftigung und ein hohes Maß an Umweltschutz miteinander verbinden soll. Durch einen One-Stop-Shop sollen Bewilligungsprozesse deutlich kürzer und vorhersehbarer sein.

Weiters sollen schnelle Forschung und disruptive Innovation für neue Technologien leichter ermöglicht werden. Die Stärkung der Energieversorgung durch eine Reform des Strommarktdesigns sollen ebenfalls realisiert werden.

Der vorgelegte Plan wird durch den „Critical Raw Materials Act“ ergänzt, um einen ausreichenden Zugang zu kritischen Rohstoffen zu sichern, die für die Herstellung von Schlüsseltechnologien unerlässlich sind.

„Wesentlich für den Erhalt der Resilienz der europäischen Industrie und den Erfolg des grünen und digitalen Wandels ist, dass der Critical Raw Materials Act alle Rohstoffe umfasst. Neben der Sicherstellung von ausreichend grüner Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen ist auch die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und die Kohärenz von rechtlichen Regelungen essenziell, um eine Versorgung der europäischen Gesellschaft mit den für den Wandel erforderlichen Hightech-Produkten zu gewährleisten“, so Andreas Henckel von Donnersmarck, Obmann des Fachverbands Bergwerke und Stahl in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Schnellerer Zugang zu ausreichenden Finanzierungen.
In der zweiten Säule spricht sich die Kommission für eine Aufstockung der EU-Fördermittel sowie für die Errichtung eines Europäischen Souveränitätsfonds aus.

Weiters strebt die Kommission eine temporäre Flexibilisierung der Beihilferegeln an, die bis 31. Dezember 2025 gelten soll. Dazu zählen etwa eine Ausweitung der begünstigten erneuerbaren Technologien oder Steuervorteile bei Investitionen in klimaneutrale Produktionsstätten. Damit soll Europa in strategischen Zukunftsfeldern wie Mikroelektronik oder Net-Zero-Technologies wettbewerbsfähig bleiben bzw. werden.

Offener Handel für widerstandsfähige Lieferketten.
Eine weitere Säule befasst sich mit den wirtschaftlichen Beziehungen zu Drittstaaten und konzentriert sich auf die Diversifizierung und Widerstandsfähigkeit von Wertschöpfungs- und Lieferketten. Im bilateralen Bereich bedeutet dies in erster Linie die Ratifizierung der Handelsabkommen mit Chile, Mexiko, Neuseeland, Australien und dem Mercosur sowie die Aufnahme von Verhandlungen mit anderen Partnern im Indo-pazifischen Raum.

Mit dem Instrument gegen wettbewerbsverzerrende Drittlandsubventionen und dem Internationalen Beschaffungsinstrument stehen nunmehr zwei weitere zentrale Werkzeuge zum Schutz vor unfairen Handelspraktiken zur Verfügung. „Angesichts der Tatsache, dass die europäische Wirtschaft bei der Rohstoffversorgung auf eine diversifizierte und resiliente Liefer- sowie Wertschöpfungskette angewiesen ist, kommt dem Außenhandel für die Erreichung der Net-Zero-Industry-Agenda eine sehr hohe Bedeutung zu. Daher sollte auch im Rahmen der EU-Handelspolitik der Fokus vermehrt auf eine Absicherung der Rohstoffversorgung gelegt werden. Die Bemühungen der EU dürfen dabei aber nicht alleine auf die Sicherstellung der Versorgung mit kritischen Rohstoffen gerichtet sein, sondern auf alle erforderlichen Rohstoffe in all ihren Ausprägungen (Rohform, Pulver, verarbeitet etc.) und Vormaterialien für den grünen Übergang. Gleichzeitig sollten die existierenden ‚Trade Defence Instruments‘ für die Sicherung der EU-Interessen gezielter, jedoch im Einklang mit der WTO und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, eingesetzt werden“, so Alfred Hintringer, Obmann des Fachverbands der NE-Metallindustrie.

Verbesserung der Qualifikationen.
Grüne Industriepolitik benötigt auch eine immer größer werdende Zahl an Fachkräften, die eine adäquate Ausbildung und einschlägige Erfahrung vorweisen können. Die Kommission hat für 2023 das europäische Jahr der Aus- und Weiterbildung ausgerufen. Eine Reihe von darin integrierten Initiativen soll das Angebot und die Nachfrage nach Arbeitskräften in grünen und digitalen Industriezweigen besser aufeinander abstimmen. Weiters soll auch die Anerkennung bestehender sowie künftig erworbener Berufsqualifikationen leichter und schneller anerkannt werden.

„Vor dem Hintergrund der demographischen Veränderung in der EU, legt die europäische Industrie einen hohen Wert auf Bildung sowie geordnete Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte, um den Herausforderungen der Energiewende zu begegnen. Die zunehmende Automatisierung wird zwar in Teilbereichen negative Auswirkungen verhindern helfen, der Bedarf an gut ausgebildeten Personal wird sich dadurch aber nicht verringern“, so Roman Stiftner, Geschäftsführer der Fachverbände Bergbau-Stahl und Nicht Eisen-Metallindustrie in der WKÖ sowie Generalsekretär von EUMICON, der Plattform für mineralische Rohstoffe und Technologie-Transfer. (PWK036/JHR)

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