Logistikindikator – Stimmung geprägt von Zukunftssorgen

In der deutschen Logistikwirtschaft kippte die Stimmung ins Negative, der Geschäftsklimaindex erhielt einen erneuten Dämpfer und notierte nur noch bei einem Wert von 90,9.

Dies geht aus den monatlichen Erhebungen zum Logistik-Indikator hervor, die das ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) im Rahmen seiner Konjunkturumfragen durchführt. Zurückzuführen war dieser Rückgang auf die erheblich pessimistischeren Geschäftserwartungen. Auch die Geschäftslage wurde weniger häufig als noch zuvor als günstig beurteilt.

Bei den Logistikdienstleistern breiteten sich Zukunftssorgen erheblich aus, wodurch der Geschäftsklimaindikator nun in den negativen Bereich rutschte. Die laufenden Geschäfte bewerteten die Unternehmen indes noch häufig positiv, denn die dynamische Nachfrage ließ den Auftragsbestand weiter ansteigen. Preispolitisch fassten die Unternehmen flächendeckend Anhebungen ins Auge.

Auch die Betriebe aus Handel und Industrie zeigten sich nun häufig besorgt mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr. Die Zufriedenheit mit den laufenden Geschäften nahm etwas ab, so dass auch der Klimaindikator erhebliche Einbußen zu verzeichnet hatte – die Kennzahl fiel in den negativen Bereich. Die bereits stark erhöhten Preise sollen im kommenden Quartal abermals angehoben werden.

Die jüngste Coronawelle hinterließ im zurückliegenden Winterhalbjahr nur geringfügige Spuren in der deutschen Konjunktur. Nachdem die Wirtschaftsleistung am Jahresende 2021 um 0,3 Prozent zurückgegangen ist, wurde zu Jahresbeginn 2022 bereits wieder ein Plus verzeichnet. Im ersten Quartal 2022 stieg das Bruttoinlandsprodukt – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 0,2% gegenüber dem vierten Quartal 2021. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde vor allem vom Dienstleistungssektor getragen, welcher vom Abflauen der Coronawelle profitieren konnte. Auch die Bauwirtschaft startete, nicht zuletzt als Folge der günstigen Witterung, kräftig ins neue Jahr.

Seit Ende Februar wird die konjunkturelle Entwicklung allerdings zunehmend durch den Krieg in der Ukraine und den mehrwöchigen Lockdown in China belastet. Zwar hat sich in den vergangenen Monaten an der positiven Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die deutschen Unternehmen nichts geändert. Allerdings ließen eine Verschärfung der Lieferengpässe, neue Sanktionen gegen Russland sowie sprunghafte Anstiege der Energie- und Nahrungsmittelpreise die Erwartungen der Unternehmen einbrechen und sowohl Produzenten- als auch Verbraucherpreise kräftig steigen. Während Lieferengpässe und Sanktionen die Produktion und den Absatz im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe hemmen, dämpfen die hohen Preise vor allem die Nachfrageseite. Bereits seit einigen Monaten schwächen sich die Auftragseingänge in der Industrie ab, und im Baugewerbe nehmen die Auftragsstornierungen zu. Auch die Umsätze im Einzelhandel gaben zuletzt kräftig nach, nachdem die Inflationsrate im April erstmals seit dem Jahr 1981 auf über 7% stieg.

Zusätzlich dürften die hohen Kosten die Gewinne und damit die Investitionstätigkeit der Unternehmen belasten. So gaben in der Aprilbefragung des ifo Instituts die Industrieunternehmen an, nur gut 50 Prozent der gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben zu können. Bei den Bauunternehmen und den Dienstleistern liegt die Weitergabe bei gerade einmal 25 Prozent.

Schließlich dürfte der pessimistische Ausblick der Unternehmen auch auf einen kräftigen Anstieg der allgemeinen Unsicherheit zurückzuführen sein. Da der weitere Verlauf des Krieges und die damit verbundenen wirtschafts- und geopolitischen Entscheidungen schwer  abzuschätzen sind, fällt den Unternehmen ein Ausblick auf den weiteren Geschäftsverlauf schwer.

Insgesamt haben sich damit die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum fällt in diesem Jahr zwar niedriger aus als noch zu Jahresbeginn erwartet. Allerdings dürften die Auftriebskräfte, die im Zusammenhang mit dem Abflauen der Coronawelle stehen, ein Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession verhindern. Dafür sprechen auch die bis zuletzt rückläufige Kurzarbeit und nur geringfügige Existenzängste der Unternehmen. Die Inflationsraten dürften im weiteren Jahresverlauf hoch bleiben. Eine überwiegende Mehrheit der vom ifo Institut befragten Unternehmen plant auch in den kommenden Monaten die Preise weiter anzuheben.

Der Logistik-Indikator wird vom ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. berechnet. Er geht aus den monatlichen
Konjunkturumfragen für den Zeitraum ab 2015 hervor. Zur Ermittlung des Indikators werden mehr als 4.000 Antworten von Anbietern von
Logistikleistungen (60% Güterverkehr (ohne Luftfracht); 40% Speditionen und Logistik) bzw. von Unternehmen aus den Bereichen des
Verarbeitenden Gewerbes (66%) und des Handels (Großhandel: 17%; Einzelhandel: 17%) als Anwender von Logistikleistungen herangezogen.

Der Gesamtindikator wird zu gleichen Teilen aus den Ergebnissen der Anbieter und der Anwender berechnet. Das Fragendesign zielt auf die
konjunkturelle Beurteilung der aktuellen Geschäftssituation, den Entwicklungen in den letzten Monaten und den Erwartungen in den
kommenden Monaten ab. In der Regel stehen den Befragungsteilnehmern je Frage drei Antwortalternativen zur Wahl, die sich jeweils als
positiv-expansiv, durchschnittlich-neutral und negativ-kontraktiv kennzeichnen lassen. Aus den Prozentanteilen positiv-expansiver und
negativ-kontraktiver Antworten wird ein Saldo gebildet. Entsprechend kann der Saldo Werte zwischen -100 (alle Unternehmen haben eine
negativ-kontraktive Antwort gegeben) und +100 (alle Unternehmen haben eine positiv-expansive Antwort gegeben) annehmen. Bei einem
Saldenwert von 0 halten sich negative und positive Antworten die Waage. Sämtliche Fragen beziehen sich auf eine jahreszeitlich übliche
Einschätzung. Zusätzlich werden alle berichteten Zahlen mit einem statistischen Standardverfahren zur Saisonbereinigung (X13-ARIMASEATS) von dem verbleibenden saisonalen Muster bereinigt. Zur Berechnung der Indexwerte des Geschäftsklimas und der beiden
Komponenten Geschäftslage und Erwartungen werden die Salden jeweils um 200 erhöht und auf den Durchschnitt eines Basisjahres (derzeit
2015) normiert

Translate »