Reich der Mitte setzt auf die Seidenstraße

China hat ehrgeizige Pläne für die Wiederbelebung der Seidenstraße nach Europa. Viele Milliarden von Euro werden in den Ausbau der Infrastruktur investiert.

BEITRAG: REDAKTION

Die neue Seidenstraße zwischen China und Europa erlebt derzeit einen regelrechten Ansturm. Logistiker, Investoren und Bahngesellschaften und einzelne Länder entlang ausgewählter Routen zwischen dem Reich der Mitte und Europa springen auf die China-Strategie auf und investieren Unsummen in den Ausbau der Infrastruktur. Chinesische Unternehmen haben schon 20 Milliarden US-Dollar im Rahmen des von China forcierten Projekts „One Belt, One Road“ zur Wiederbelebung der Seidenstraße Richtung Europa investiert. Beim Begriff Seidenstraße geht es nicht um eine bestimmte Route von China nach Europa, sondern um mehrere Verkehrswege von China via Russland sowie via Kasachstan und andere zentralasiatische Länder wie beispielsweise Usbekistan, Turkmenistan und Iran nach Europa. Entlang der einzelnen Routen entstehen Logistik-Zentren, siedeln sich Unternehmen an und kommt der Handel zwischen Asien und Europa noch stärker in Schwung. Nicht zuletzt in Folge des steigenden Internet-Handels, bei dem China eine globale Rolle spielt.

Immer stärker drängen chinesische Internet-Händler in die Weltmärkte vor und verschicken Produkte aus China in alle Welt per Schiff, Bahn, Lkw und Flugzeug. In den vergangenen Jahren wurden mit 1 700 Zügen Waren aus China nach Europa transportiert, bis 2020 werden es 5 000 Züge jährlich werden, prophezeien Logistiker die Entwicklung. Güter aus China bzw. aus den angrenzenden asiatischen Ländern mit der Bahn nach Europa zu bringen ist deutlich günstiger oder geht schneller als mit dem Flugzeug oder mit dem Schiff. Ein Container braucht auf dem Schiff rund einen Monat von China bis nach Europa, auf der Bahn ist der mit Waren aller Art beladene Container schon in 15 Tagen aus China mitten in Europa. Mit dem Flugzeug niedrigpreisige Produkte zu transportieren rechnet sich schlichtweg nicht, daher auch die große Nachfrage nach einem reibungslos funktionierendem Bahntransportsystem zwischen China und Europa. Und auch in der umgekehrten Richtung, versteht sich, weil Europa viele anspruchsvolle industrielle Produkte nach China bzw. nach Asien exportiert.

Vom Run auf die Seidenstraße will auch Österreich profitieren. Bei einer gemeinsamen Wirtschaftsmission der Wirtschaftskammer Wien mit Walter Ruck, Präsident der WK Wien und Andreas Matthä, Generaldirektor der ÖBB Holding an der Spitze wurden die österreichischen Interessen um Einbindung in die neue Seidenstraße in China auf den Tisch gelegt. Die Seidenstraße wird über zwei Landwege und einem Seeweg die Handelsrouten zwischen Asien und Europa revolutionieren. Für die Länder entlang der Verkehrswege ergeben sich enorme wirtschaftliche Chancen, sind Ruck und Matthä überzeugt. Zudem öffnet sich China derzeit den internationalen Märkten und forciert die Industrialisierung des Landes. Auf dem Streckennetz der Chinesen ist Österreich derzeit noch nicht in das Seidenstraßen-Konzept eingebunden. Das kann nur gelingen, wenn der Bau einer neuen Breitspur-Eisenbahn-Magistrale vom slowakischen Kosice bis in den Großraum Wien durchgezogen wird. Dann würde in der österreichischen Ostregion einer der größten Logistikhubs Europas mit tausenden neuen Jobs entstehen, ist Ruck überzeugt. Damit es soweit kommt, braucht es eine Grundsatzentscheidung der österreichischen Politik.

Die neue Seidenstraße ist ein strategisches Projekt von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für ganz Europa. Zwar liegt der Fokus bei der neuen Seidenstraße sehr stark auf dem Landverkehr mit dem System Bahn. Doch das Konzept Seidenstraße steht auch für den Containertransport mit Hochseeschiffen von chinesischen Häfen nach Europa, wobei hier China den griechischen Hafen Piräus als Einfüllstutzen nach Europa nutzt. So hat die chinesische Staatsreederei Cosco erst im Vorjahr mehr als 368 Mio. Euro auf den Tisch gelegt und sich damit 67 Prozent der Firmenanteile am Hafen Piräus gesichert. Von hier aus werden die mit den Cosco-Containerschiffen einlangenden Container per Bahn und Lkw in das europäische Hinterland transportiert.

China hat das längste Schnellzugnetz der Welt. In den nächsten fünf Jahren sollen weitere tausende Kilometer hinzukommen. China mit seinen 1,3 Milliarden Menschen will sein Netz für Hochgeschwindigkeitszüge mit einer gewaltigen Milliarden-Investition weiter anschieben. Bis 2020 soll das Schienennetz für Schnellzüge auf 30 000 Kilometer vergrößert werden, liest man im Weißbuch des chinesischen Transportministeriums. Damit würde das schon heute längste Schnellzugnetz der Welt noch einmal um rund 11 000 Kilometer wachsen. 80 Prozent aller Großstädte seien dann in vier Jahren per Schnellzug erreichbar. Laut dem chinesischen Vize-Verkehrsminister Yang Yudong werden in den Ausbau des gesamten Zugnetzes rund 480 Mrd. Euro investiert.  (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2018

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